Leitung von Unternehmen

Die Leitung von Unternehmen

Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist das zur Geschäftsführung und zur Vertretung berufene Organ der Gesellschaft. Bei der GmbH wird er vom Gesetz als Geschäftsführer und bei der AG als Vorstand bezeichnet. Wenn im folgenden nur vom Geschäftsführer gesprochen wird, gilt das auch für den Geschäftsführer, also den Vorstand einer AG, soweit nicht auf Besonderheiten bei der AG hingewiesen wird.

Der Geschäftsführer hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Diese Pflicht wird nicht erst durch den Anstellungsvertrag begründet, sondern ist so genannte Organpflicht aufgrund der Bestellung zum Geschäftsführer. Mit der Bestellung und Annahme des Amtes als Geschäftsführer unterliegt der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft zahlreichen gesetzlichen Vorschriften, wie z.B.

  • zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Buchführung (§ 41 GmbHG),
  • zur Abgabe von Steuererklärungen (§ 34 AO),
  • zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge (§ 28e SGB IV) und zur Stellung eines Insolvenzantrags im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§ 15a InsO) und generell
  • zur Einhaltung aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit oder die Arbeitnehmer.

Darüber hinaus übernimmt der Geschäftsführer mit der Übernahme des Geschäftsführungsamtes die Pflichten zur ordnungsgemäßen Organisation des Geschäftsbetriebs und zur Risikovorsorge.

Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft nach außen. Diese organschaftliche Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ist unbeschränkt.

Sorgfaltsmaßstab

Bei der Führung der Geschäfte hat der Geschäftsführer einer GmbH die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs. 1 GmbHG) und der Vorstand einer AG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG) anzuwenden. Die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmanns ist diejenige in verantwortlicher, leitender Position bei selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen.

Persönliche Eigenschaften des Geschäftsführungsorgans haben keinen Einfluss auf den Pflichtenmaßstab. Auch ist die Tätigkeit eines Geschäftsführers kein geschütztes Berufsbild, das eine besondere Qualifikation voraussetzen würde, wie etwa die Tätigkeit eines Arztes, Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers. Jeder kann unabhängig von seiner fachlichen Qualifikation das Amt eines Geschäftsführers übernehmen. In allen Fällen muss er die Sorgfaltsmaßstäbe, die an die Tätigkeit eines Geschäftsführers gesetzt werden, einhalten und erfüllen. Ein jugendlicher und unerfahrener Geschäftsführer unterliegt dem gleichen Pflichtenmaßstab wie ein „alter Hase“. Ob sich der Geschäftsführer in der Komplexität der gesetzlichen Vorschriften für seine Pflichten ausreichend auskennt, spielt keine Rolle. Er muss sich diese Kenntnisse aneignen oder die Leistungen von Beratern in Anspruch nehmen. Insbesondere muss er den Geschäftsbetrieb so organisieren, dass das Fehlen seiner Kenntnisse nicht zu einer Verletzung von gesetzlichen Bestimmungen oder zur Beeinträchtigung des Unternehmens führt. Entscheidend ist das Ergebnis, nämlich dass das von ihm geleitete Unternehmen alle gesetzlichen Vorschriften beachtet oder erfüllt. Bei den gesetzlichen Pflichten handelt es sich beispielsweise um Vorschriften des Steuerrechts, des Bilanzrechts, des öffentlichen Rechts und des Arbeitsschutzrechts.

Unternehmerische Entscheidung

Schwierig ist die Beurteilung, wann der Geschäftsführer durch Eingehung so genannter gewagter Geschäfte seine Geschäftsführerpflichten verletzt. Bei der Geschäftsführung ist dem Geschäftsführer ein breiter Ermessensspielraum eingeräumt, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit kaum denkbar ist. Typische unternehmerische Risiken müssen daher bei der Unternehmensführung in der Regel zwangsläufig eingegangen werden. Hierzu gehören auch die Gefahren von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, denen jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist.

Die Vornahme risikobehafteter Geschäfte stellt also für sich allein keine Pflichtverletzung dar. Eine Verletzung des Sorgfaltsmaßstabs kommt erst in Betracht, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind.

Der Geschäftsführer darf die Grenze des erlaubten Risikos nicht überschreiten. Was erlaubt ist, bemisst sich nach der Relation zwischen der Wahrscheinlichkeit des Misslingens zur Höhe des möglichen Schadens. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Rechtssicherheit, wann der Geschäftsführer ein erlaubtes Risiko überschreitet, ist gering. Der weite Handlungsspielraum eines Unternehmensleiters ist nach der Rechtsprechung des BGH jedoch dann überschritten, wenn aus Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters das hohe Risiko eines Schadens unabweisbar ist und keine vernünftigen wirtschaftlichen Gründe dafür sprechen, es dennoch einzugehen (BGH DB 2005, 1270). Der Unternehmensleiter haftet persönlich, wenn er die Grenze des erlaubten Risikos schuldhaft überschreitet. Dabei muss sich das Verschulden nur auf die haftungsbegründende Pflichtverletzung und nicht auf den haftungsausfüllenden Schaden beziehen (BGH DB 2005, 1270). Dies bedeutet, dass es für die Annahme eines Verschuldens nicht darauf ankommt, ob der konkrete Schaden zum Zeitpunkt der unternehmerischen Maßnahmen und Vereinbarungen vorhersehbar ist.

So entscheidet der Geschäftsführer in dem ihm vorgegebenen Rahmen nach seinem eigenen unternehmerischen Ermessen. Dem Geschäftsführer steht ein autonomer unternehmerischer Handlungsspielraum zu, der jedoch stets im Einklang mit seiner Pflicht stehen muss, für den Bestand des Unternehmens und für eine dauerhafte Rentabilität des Unternehmens zu sorgen.

Wohl der Gesellschaft

Motiv für die unternehmerische Entscheidung muss stets das Wohl der Gesellschaft sein. Ein Handeln zum Wohl der Gesellschaft liegt vor, wenn es der langfristigen Ertragsstärkung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und seiner Produkte und Dienstleistungen dient. Entscheidend sind die Interessen der Gesellschaft. Eigene und sachfremde Interessen hat der Unternehmensführer zurückzustellen.

Entscheidung auf der Basis angemessener Informationen

Die Entscheidung muss auf der Grundlage angemessener Information erfolgen. Auf dieser Grundlage müssen die einzelnen Aspekte der anstehenden Entscheidung und die damit verbundenen Risiken abgewogen werden. Die Entscheidungsgrundlagen müssen sorgfältig ermittelt werden. Dies bedeutet nicht, dass alle erdenklichen, sondern nur die gebotenen Informationen ermittelt werden müssen, die nach den Umständen des Einzelfalls angemessen sind. Insbesondere sind die Informationen unter Berücksichtigung der für die Entscheidung zur Verfügung stehenden Zeit, der Bedeutung der Entscheidung und dem Verhältnis der Kosten für die Informationsbeschaffenheit und dem zu erwartenden Nutzen der Information zu beschaffen.