1. Einführung – Überblick
1.1 GmbH als juristische Person
Die GmbH ist eine juristische Person, also eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Ebene der Gesellschaft ist von der Ebene der Gesellschafter zu unterscheiden. Dies wird vielfach außer Acht gelassen, was zu besonderen Haftungstatbeständen führen kann. Wird nämlich das Vermögen der GmbH mit dem der Gesellschafter derart vermischt, dass die rechtliche Trennung der Personen faktisch wieder aufgehoben wird, kann dies zur Durchgriffshaftung führen. Der Gesellschafter haftet nunmehr persönlich für die Schulden der Gesellschaft, was durch die Rechtsform der GmbH als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gerade vermieden werden sollte.
Diese Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter sollte der Gesellschafter und Geschäftsführer stets im Auge behalten. Die GmbH hat nämlich eigenständige Interessen, die im Rechts- und Wirtschaftsverkehr beachtet werden müssen und die sich von den Interessen der Gesellschafter unterscheiden. Die Gesellschaft stellt gegenüber den Gläubigern eine eigenständige, also begrenzte Haftungsmasse dar. Die Gläubiger können, wenn nicht Sonderfälle vorliegen, nicht auf das Vermögen der Gesellschafter zugreifen. Wird die Gesellschaft insolvent, bedeutet dies für nicht abgesicherte Gläubiger meist einen Totalausfall ihrer Forderung. Deshalb unterliegt die Vermögensmasse der GmbH einem besonderen gesetzlichen Schutz. Benachteiligt der Geschäftsführer beispielsweise die Gesellschaft zu eigenen Vorteilen oder zu Vorteilen Dritter, stellt dies eine strafbare Untreue gemäß § 266 StGB dar und führt zu persönlichen Schadenersatzpflichten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft.
1.2 Verwendung der Rechtsform der GmbH
Die GmbH ist die heute am häufigsten gewählte Gesellschaftsform, die eine beschränkte Haftung für die Gesellschafter vorsieht. Die häufigste Rechtsform für Unternehmen ist die Einzelunternehmung. Da dort alle geschäftlichen Vorgänge im Namen des Inhabers erfolgen haftet dieser für den gesamten Umfang der geschäftlichen Tätigkeiten persönlich und unbeschränkt.
Meist wird die Gesellschaftsform der GmbH für kleine und mittlere Unternehmen verwendet. Sie ist in der Regel personalistisch ausgestaltet, d.h. es sind nur wenige Gesellschafter vorhanden, die sich untereinander kennen und in der Regel in der Gesellschaft selbst mitarbeiten. Ein Großteil solcher GmbHs ist familiär bezogen. Eltern und Kinder, Brüder und Schwestern sind die Gesellschafter. Oder eng zusammenarbeitende Personen, die sich gut kennen, führen als Gesellschaftergeschäftsführer das Unternehmen partnerschaftlich. Oftmals ist dies der Fall, wenn zwei oder mehr Kollegen in einem Unternehmen die Gründung eines eigenen Unternehmens verabreden und als Arbeitnehmer dort ausscheiden, wenn Studentenkollegen nach dem Abschluss ihres Studiums gemeinsam unternehmerisch tätig werden oder sich die Gesellschafter zusammentun, weil sie nur gemeinsam über die für eine erfolgreiche Unternehmensführung notwendige Expertise verfügen.
1.3 Die GmbH-Reform durch das MoMiG
2008 kam es zu einer umfassenden GmbH-Reform, durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG).
Mit dieser Modernisierung ist die Rechtsform der GmbH attraktiver geworden. Gleichzeitig wurde das Image der GmbH erheblich verbessert, weil die typischen Missbräuche seitdem nicht mehr möglich bzw. erheblich erschwert sind.
Die GmbH-Reform hatte insbesondere folgende Änderungen zum Inhalt:
1.3.1 Erleichterungen der GmbH-Gründung
Die Gründung von GmbH wurde erleichtert und beschleunigt, insbesondere nachdem zuvor wegen Schwächen des GmbH-Rechts verstärkt auf ausländische Rechtsformen wie der englischen Limited ausgewichen wurde. Denn in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurden geringere Anforderungen an die Gründungsformalien und an die Aufbringung des Mindeststammkapitals gestellt, als dies nach dem deutschen GmbH-Recht der Fall war. Insbesondere brachte die GmbH-Reform folgende Änderungen:
- Es wurde die Rechtsform der UG eingeführt, die als „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder als „UG (haftungsbeschränkt)“ zu firmieren hat und die eine Variante der GmbH darstellt (§ 5a Abs. 1 GmbHG); näher dazu unter Kapitel 2.1.2.
- Ein vereinfachtes Gründungsverfahren wurde für den Fall eingeführt, dass sich bis zu drei Gesellschafter an der Gründung beteiligen und nur ein Geschäftsführer bestellt wird (§ 2 Abs. 1 a GmbHG); näher dazu unter Kapitel 2.1.1.
- Bereits bei der Gründung können mehrere Geschäftsanteile übernommen werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 GmbHG); näher dazu unter Kapitel 3.1.
- Ein Geschäftsanteil kann seitdem auf einen Betrag von nur 1,00 € lauten
(§ 5 Abs. 2 Satz 1 GmbHG); näher dazu unter Kapitel 3.1. - Für den Fall, dass die Gesellschaft ein genehmigungsbedürftiges Gewerbe betreiben möchte (z.B. Bewachungsgewerbe, § 34a GewO; Bauträger und Baubetreuer, § 34c GewO; Handwerk, § 1 Handwerksordnung), muss die staatliche Genehmigung nicht mehr bereits bei der Gründung vorliegen, wie dies vorher der Fall war.
- Die Registergerichte verzichten weitgehend auf die Nachweise über die Einlagenleistung und die Werthaltigkeit der Sacheinlagen (§§ 8 Abs. 2 Satz 3, 9c Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Das Gericht kann bei der Gründungsprüfung nur dann die Vorlage von Einzahlungsbelegen oder sonstige Nachweise verlangen, wenn es erhebliche Zweifel hat, ob das Kapital ordnungsgemäß aufgebracht wurde. Bei Sacheinlagen wird die Werthaltigkeitskontrolle durch das Registergericht auf die Frage beschränkt, ob eine „nicht unwesentliche“ Überbewertung vorliegt.
- Vereinfacht wurde auch die Gründung von Ein-Personen-GmbHs. Hier wird seitdem auf die Stellung besonderer Sicherheitsleistungen verzichtet (§§ 7 Abs. 2 Satz 3, 19 Abs. 4 GmbHG).
1.3.2 Deregulierung und Flexibilisierung
Durch ein Bündel von Maßnahmen wurde die Attraktivität der GmbH nicht nur in der Gründung, sondern auch als „werbendes“, also am Markt tätiges Unternehmen erhöht und Nachteile der deutschen GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen ausgeglichen:
- So besteht seitdem die Möglichkeit zur Verlegung des Verwaltungssitzes der GmbH ins Ausland. Aus dem Satzungssitz folgt die Zuständigkeit des Registergerichts, des Prozessgerichts, des Insolvenzgerichts und der Ort, an dem die Gesellschafterversammlungen stattzufinden haben, soweit eine satzungsmäßige Einladung und Abhaltung der Gesellschafterversammlung notwendig ist. Der Verwaltungssitz ist der tatsächliche Sitz der Gesellschaft, wo die Verwaltung erfolgt.
- Liegt ein Verstoß gegen die Sacheinlagevorschriften vor, insbesondere im Falle der verdeckten Sachgründung, gilt seitdem die sog. Differenzhaftung, nämlich die Haftung auf den Betrag, um den der Wert der Sacheinlage geringer ist als die als Barleistung übernommene Stammeinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG).
- Werden Gelder zwischen Gesellschaft und Gesellschafter hin- und hergezahlt, steht dies der Erfüllung der Einlagenschuld nicht entgegen, wenn dies durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist (§ 19 Abs. 5 GmbHG).
- Die Regelungen von Maßnahmen der Gesellschafter, die das Kapital der Gesellschaft in anderer Weise als die Erhöhung des Stammkapitals verbessern, sind aus dem GmbH-Recht genommen und ins Insolvenzrecht verschoben worden. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO werden Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft zu nachrangigen Forderungen und sind damit praktisch gänzlich verloren (näheres unter Kapitel 3.8).
- Auch die Problematik der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung wurde in das Insolvenzrecht verschoben. Nach § 135 Abs. 3 InsO kann der Gesellschafter sein Aussonderungsrecht an einem der Gesellschaft überlassenen Gegenstand für die Dauer von bis zu einem Jahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend machen. Gleichzeitig ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, für diesen Zeitraum die in dem letzten Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens tatsächlich geleisteten Vergütungen an den Gesellschafter zu zahlen.
- Durch die neue Regelung in § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG wurde das international übliche Cash-Pooling auf eine rechtlich sichere Grundlage gestellt. Mit dem Cash-Pooling erfolgt ein Liquiditätsausgleich zwischen den Unternehmensteilen im Konzern (näheres hierzu unter Kapitel 3.8).
- Seit der Reform gibt es auch bei der GmbH die Möglichkeit eines genehmigten Kapitals, wie dies im Aktenrecht gemäß § 202 AktG der Fall ist (§ 55a GmbHG). Danach kann die Geschäftsführung durch den Gesellschaftsvertrag ermächtigt werden, innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Satzung weitere Geschäftsanteile gegen Einlagen in das Stammkapital auszugeben.
- Die Gesellschafterliste dient seitdem auch als Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, kann darauf vertrauen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine unrichtige Eintragung in der Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre unbeanstandet geblieben, so gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber gegenüber als richtig.
1.3.3 Missbrauchsbekämpfung
Und schließlich erschweren die Neuerungen bei der GmbH-Reform seitdem die Arbeit der sog. Firmenbestatter, die in der Regel dazu führte, dass ein geordnetes Insolvenzverfahren nicht möglich war.
Es besteht nunmehr die Pflicht zur Anmeldung einer inländischen Anschrift zum Handelsregister (§ 8 Abs. 4 GmbHG). Ist eine Zustellung hiernach dennoch nicht möglich, kann sie öffentlich erfolgen (§ 185 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Es wurden Pflichten der Gesellschafter für den Fall eingeführt, dass eine GmbH geschäftsführerlos ist. In diesem Falle können Zustellungen an die Gesellschafter vorgenommen werden (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Ferner können in diesem Falle auch die Gesellschafter Insolvenzantrag stellen (§ 15 Abs. 1 InsO). Besteht Kenntnis vom Insolvenzgrund besteht sogar die Pflicht der Gesellschafter im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft zur Stellung des Insolvenzantrags (§ 15a Abs. 3 InsO).
Eingeführt wurde eine Insolvenzverursacherhaftung, nach der die Geschäftsführer für Zahlungen haften, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen
(§ 15b InsO).
Die Liste der strafrechtlichen Verurteilung von Geschäftsführern, die zum Ausschluss von der Geschäftsführertätigkeit führen, wurde erweitert. Ausschlussgründe sind nunmehr auch Verurteilungen wegen Betrugs einschließlich Computer-, Subventions-, Kapitalanlage- und Kreditbetrugs, wegen Insolvenzverschleppung und wegen Verurteilungen aufgrund allgemeiner Straftatbestände mit Unternehmensbezug (§§ 263 bis 264a, 265b bis 266a StGB), § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG.
Und schließlich wird eine Strohmannhaftung eingeführt. Danach haften Gesellschafter für den Schaden, der dadurch entsteht, dass sie vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Person, die die für eine Geschäftsführerstellung erforderlichen Zuverlässigkeitskriterien nicht erfüllt, zum Geschäftsführer bestellen oder ihr faktisch die Führung der Geschäfte überlassen und diese Person die ihr nach § 43 Abs. 1 GmbHG obliegende Sorgfaltspflicht verletzt (§ 6 Abs. 5 GmbHG).