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Standortprobleme einer Eisengießerei durch heranrückende Wohnbebauung

Mitte der 80er Jahre übernahm ich die Verwaltungsstreitigkeiten einer Eisengießerei im östlichen Bayern mit den Anwohnern, die in den Jahrzehnten immer näher mit ihrer Wohnbebauung an das Werk heranrückten. Diese bildeten eine Interessengemeinschaft gegen den Betrieb. Sie konnten vor dem Verwaltungsgericht erreichen, dass das Unternehmen verpflichtet wurde innerhalb einer Frist von wenigen Wochen den Betrieb einzustellen. Dies hätte das Aus für das Unternehmen für ihre Arbeitsplätze bedeutet. Nach dem Verwaltungsgerichtsurteil wurde ich mit der Angelegenheit befasst.

Die Tätigkeit war davon geprägt, wechselseitig Verständnis für die Belange der unterschiedlichen Interessen zu erzeugen, um eine kooperative Lösung zu ermöglichen. Das Interesse des Unternehmens war, den Zusammenbruch des Betriebs durch eine übereilte Zwangseinstellung zu vermeiden. Das Interesse der Arbeitnehmer war die Aufrechterhaltung ihrer Arbeitsplätze in einem strukturschwachen Gebiet. Das Interesse der Anwohner war, von dem Produktionsbetrieb im Wohnwert nicht beeinträchtigt zu sein. Das Interesse der Arbeitsverwaltung und der Gemeinde war, sowohl das Unternehmen am Standort zu erhalten, als auch die Anwohner zufrieden zu stellen.

Es wurden zunächst Übergangslösungen mit der Nachbarschaft und den Behörden gesucht, um den Verlust des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze zu vermeiden. Durch erste Maßnahmen bei der Umstellung der Produktion und durch Umweltschutzmaßnahmen konnte es erreicht werden, dass für die grundsätzliche Planung der Konfliktlösung die notwendige Zeit zur Verfügung stand und das Verwaltungsgerichtsurteil nicht zum Tragen kam. Da der Produktionsstandort auf Dauer nicht mehr zu halten war, wurde der Wegzug des Betriebs vorbereitet. Hierzu musste ein neuer Standort gesucht und vorbereitet werden. Grundsätzliches Ziel war, eine win-win-Situation zu erreichen. Jeder sollte als Sieger im Hinblick auf seine Interessen hervorgehen. Um dies zu erreichen, war wechselseitig bei allen Betroffenen für Verständnis der jeweils anderen Interessen zu werben. In mühsamer Kleinarbeit gelang dies trotz zahlreich geführter Rechtstreitigkeiten.

Die Tätigkeit ging über einen Zeitraum von sieben Jahren, bis der Betrieb endgültig seine Produktion verlegte.

Anmerkung:
Dieses Beispiel zeigt, dass gerade dann wenn unternehmerische Tätigkeiten mit Umweltbelastungen erfolgen zahlreiche Interessen unterschiedlicher Interessensgruppen zu beachten sind. Werden diese Interessen von einem Unternehmen missachtet, kommt es zur Eskalation. Ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden ist dann auch für das Unternehmen wahrscheinlich. Solche Konflikte lassen sich nicht mit Arroganz und der vermeintlichen Stärke der Macht lösen. Notwendig ist ein behutsames Sich-Eindenken in die Interessen der jeweiligen Gruppen, um hieraus Lösungsmöglichkeiten zu finden und durchzuführen, die von jeder Interessensgruppe akzeptiert werden kann. Solche Wege zu gehen, setzt aber eine Unternehmensführung voraus, die eine positive Haltung zu den betroffenen Interessen Dritter hat. Nicht immer haben Unternehmensführer eine solche Stärke. Dass sich eine solche Art der Unternehmensführung auch für das Unternehmen rechnet, zeigt dieses Beispiel.

Günter Seefelder