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Die richtige Gesellschaftsform
In Deutschland können auch Unternehmen in der Rechtsform einer ausländischen Gesellschaft geführt werden, wenn es sich um eine Gesellschaft aus einem EU-Mitgliedsstaat handelt und der Gründungsstaat das Auseinanderfallen von Satzungs- und Verwaltungssitz zulässt. Dies hat der Europäische Gerichtshof 2002 entschieden (zum Urteil). Nicht notwendig ist hiernach, dass die Gesellschaft im Gründungsstaat eine eigene Geschäftstätigkeit entfaltet. Nach englischem Recht ist es zulässig, dass eine Limited ("private company limited by shares") ihren Satzungssitz in England und ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat, so dass die Voraussetzungen vorliegen, dass eine englische Limited ihre alleinige Geschäftstätigkeit in Deutschland ausüben kann. Interessant und beliebt ist die Verwendung einer englischen Limited in Deutschland deswegen, weil bei der Gründung einer Limited kein bestimmtes Mindestkapital eingezahlt werden muss und der Gründungsvorgang sehr schnell geht. Die Limited kennt praktisch kein Gründungskapital. Für umgerechnet etwa 30 Euro ist der Eintrag der Limited im Handelsregister erreicht. Die Gründungsurkunde unterscheidet zwischen dem "nominal capital" und dem "issued capital". Das "nominal capital" ist eher einem genehmigten Kapital bei einer AG angenähert. Der Kapitalanteil, der tatsächlich ausgegeben wird, ist das "issued capital". Der Zuzugsstaat darf den Zuzug der EU-Auslandsgesellschaft grundsätzlich nicht durch Vorgaben einer bestimmten Mindestkapitalausstattung hindern (Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 30.09.1999 "Inspire Art", DB 2003, 2219), so dass sich die Kapitalausstattung der in Deutschland tätigen englischen Limited nach den englischen Kapitalvorschriften richtet. Die Limited ist ferner innerhalb einer Woche im Handelsregister eingetragen. Mit etwas erhöhten Kosten von etwa 120 Euro kann die Eintragung innerhalb weniger Stunden erfolgen. Allerdings sollte die Verwendung einer englischen Limited in Deutschland kritisch überlegt werden, da es sich dabei weiterhin um eine englische Gesellschaft handelt und damit im Hinblick auf die gesellschaftsrechtlichen Fragen englisches Recht anwendbar ist. Dies kann sehr schnell zu einer nicht überschaubaren Haftungsproblematik führen, die die anfänglichen Vorteile der Verwendung der englischen Rechtsform der Limited infolge der geringen Kapitalausstattung gegenüber der deutschen GmbH mit ihren strengen und hohen Kapitalausstattungs- und -erhaltungsvorschriften in ihr Gegenteil verkehren. Denn in einem wesentlichen Punkt unterscheidet sich die englische Limited von der deutschen GmbH ganz erheblich. Während bei der deutschen GmbH die Strenge des Gesetzes den Schwerpunkt auf ihre Gründung legt und dann den Pflichtenmaßstab reduziert, lässt das englische Gesellschaftsrecht eine schnelle und einfache Gründung der Limited zu und legt den Pflichtenmaßstab dann aber auf die Zeit nach der Gründung. So müssen die Jahres- und Geschäftsberichte pünktlich vorgelegt werden, und zwar in englisch. Verzögerungen können sehr teuer werden und schnell zur Auflösung der Limited führen. Ferner kennt das englische Recht keine Bestimmung einer Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags, wie dies in § 64 GmbHG normiert ist. Der Geschäftsführer einer Limited haftet aber wegen "fraudulent trading", wenn er die Geschäfte der Limited dennoch fortsetzt. Weiter gibt es im
englischen Recht die Haftung wegen "wrongful trading", denn der
Geschäftsführer einer Limited ist wie der
Geschäftsführer einer deutschen GmbH verpflichtet,
die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft
regelmäßig zu überprüfen. Sieht
der Geschäftsführer einer englischen Limited, dass das
geringe Kapital der
Gesellschaft zu einer Krise und zum Eintritt einer Insolvenz
führen könnte, so ist er verpflichtet, alles zu tun,
um mögliche Verluste der Gläubiger zu minimieren.
Hierzu gehört entweder die Zurverfügungstellung
ausreichenden Gesellschaftskapitals oder die Einstellung oder
Reduzierung des Geschäftsbetriebs. Allein hieraus ist ersichtlich,
wie fatal die Überlegung eines Unternehmers ist, mangels
ausreichenden Kapitals keine deutsche GmbH, sondern eine englische
Limited zu gründen. Denn nach der Gründung ist der
Geschäftsführer der englischen Limited verpflichtet, dem
Unternehmen doch das notwendige Kapital zur Verfügung zu stellen.
Da er das Kapital nicht hat und in dem vermeintlichen Glauben auf die
Haftungsbeschränkung die Geschäfte dennoch führt, haftet
er persönlich. Sein Modell der Unternehmensgründung durch
Verwendung der englischen Limited ist damit auf Sand gebaut. Im
Gegenteil: Er hat nichts gewonnen, sondern nur verloren. Denn neben der
vollen persönlichen Haftung haftet er dann auch noch für die
erheblichen laufenden Mehrkosten in England. Für einen
kapitalarmen Unternehmensgründer wäre dann die Eröffnung
eines Einzelunternehmens unter seinem Namen vielfach die bessere
Entscheidung. Ferner kommt an den in Deutschland an die Unternehmensführung geknüpften Sonderbestimmungen der Unternehmer, der sein Unternehmen in der Rechtsform einer englischen Limited betreibt, ohnehin nicht vorbei. So sind die deutschen Steuergesetze anwendbar. Ferner ist die Limited Pflichtmitglied bei der Industrie- und Handel- bzw. der Handwerkskammer. Die Verwendung einer
englischen Limited zur Führung eines deutschen Unternehmens
sollte daher kritisch überlegt sein. Insbesondere sollte die
Entscheidung nicht daran orientiert sein, dass die Vorschriften zur
Kapitalaufbringung bei der Gründung nach englischen Recht anders
gestaltet sind, als bei
einer deutschen GmbH. |