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Eine Reise nach Umbrien

Nationalpark "Monti Sibillini"

Castellucio ist eines der höchsten und unzugänglichsten Dörfer im ganzen Apennin. In seinen endlos langen Wintermonaten werden ihre Bewohner nicht selten durch heftige Schneefälle von der Außenwelt abgeschnitten. Selbst jetzt Ende Mai vertreibt das kalte Wetter die sonnenhungrigen Italienurlauber. Das Dorf liegt oberhalb der Piana Grande, der großen Hochebene, die 8 km lang und 4 km breit ist.

Grün ist ihr Kleid, es ist die Farbe ihrer Gräser. Die Italiener nennen diese Gegend auch liebevoll ihr "kleines Tibet", nur grasen hier keine Yaks, sondern Schafs- und Pferdeherden, begleitet von den Hirten und deren unermüdlichen Hunden.

Wir sind im "Parco Nazionale dei Monti Sibillini", im Grenzgebiet Umbrien, Marken liegt im Osten, Abruzzen im Süden. Ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen ist das Refugio Perugia, Das Steinhaus steht in einer windgeschützten Senke.

Die Freundlichkeit ihrer Gastwirte eilen ihnen voraus, schon unser Reiseführer verrät es. Abends scheuen sie sich nicht für nur 2 Gäste den Kamin anzufeuern. Die Gerichte aus der Gegend stehen auf der Speisekarte; Linsensuppe zur Vorspeise, Hauptspeise Lamm "di agnello" und zur Nachspeise ein selbstgemachtes Tiramisu oder Penna Cotta, wobei wir uns nicht einigen können welches besser ist.

Verlassen wir das "Refugio" und gehen über die Kuppe des Passes sehen wir wieder hinunter auf die "Piana Grande", die uns jedes Mal in einem neuen Farbton in grün überrascht.



Der Wind treibt die Wolken über die Hochebene, ihre Schatten jagen einander. Lichtpunkte weiten sich aus und fallen wieder zusammen. Eingefasst ist das Farbenspiel von den grünen Hügeln. Die Hügel bilden das poetische Wahrzeichen des Naturparks, sie tragen Gesichter, die in der Nacht um sich blicken.



Eine Pferdeherde weidet auf dem Pass, sie stehen in mitten eines gelben Butterblumenteppichs. Ich sehe kein Gatter, keinen Zaun, sie sind frei. Zweibeiner wie mich nehmen sie nicht zur Kenntnis, es sind überwiegend Stuten mit ihren Fohlen, noch klein trauen sie sich nicht weit weg von ihren Müttern. Sie sehen aus wie kleine Esel, so lang sind ihre Ohren.

Wenn sie nicht liegen stehen sie schief auf ihren langen Stelzen und fangen an zu pöbeln, eines das andere, die Stuten kauen gemächlich. Ich entdecke auch Hengste, ein Schwarzer, ein Grauer, sie haben noch ihren Winterpelz, ihre Statur ist stämmig wie die der Haflinger.

Die Wolken sind anhänglich, die hohen Felsen lassen sie nicht aus. und wenn das Wetter doch eine Wanderung auf einen aussichtsreichen Gipfel zulässt, sollte man sich sofort auf den Weg machen. Der Monte Vettore mit seinen 2476 Metern liegt knapp unter den höchsten Gipfel des Apennin. Wir fahren zum Ausgangspunkt der Wanderung auf eine Passhöhe von 1600 Meter. Auf der Straße begegnet uns ein Auto mit deutschem Kennzeichen. Der Fahrer ruft freundlich herüber: "Noch einer". So einsam ist es hier oben.

Es geht zu Fuß weiter, am Hang gegenüber ducken sich Bergdörfer im Schutze der üppigen Eichen- und Buchenwälder. In ihnen lebt das Wild, allen voran das Wildschwein, sein "oink oink" und das aufgewühlte Erdreich begegnen dem Wanderer der sich in das Herz der Wälder begibt. Das Wildschwein ist ein Hauptlieferant für Salami, Schinken und Fleisch geworden. Jeder Italiener hier im Apennin ist ein Jäger, der eine Knarre und ein zerlegtes Schwein in der Tiefkühltruhe hat. Mich schreckt das ab.

Ist man über 1700 Meter und die Baumgrenze erreicht sind es noch 1 ½ Stunden zum Gipfelziel. Lange Schneefelder liegen an den Nordhängen, wir treffen auf junge Sportler die keine Mühe sparen auf ihnen herunter zu boarden. Vom Monte Vettore sehen wir weit im Osten am Horizont einen glänzenden Spiegel, ich frage: "könnte das die Adria sein", "na klar was sonst sie liegt etwa 50 km im Osten".

11.06.2016, Daniela Tax