Geschäftsordnung für die Geschäftsführung

TEIL I – GRUNDLAGEN DER ORGANISATION IN DER UNTERNEHMENSFÜHRUNG

1. Einführung 
1.1 Die Geschäftsordnung als wesentliches Leitungsinstrument
     1.1.1 Zusammenspiel der Gesellschafter, Geschäftsleiter und des Aufsichtsorgans
     1.1.2 Entscheidungsfreiheit der Geschäftsleiter versus Fehlervermeidung durch Zustimmungsrechte Dritter
     1.1.3 Kompetenzabgrenzung mehrerer Geschäftsleiter
1.2 Unterschiedliche gesetzliche Modelle der Unternehmensführung
1.3 Kompetenz zum Erlass einer Geschäftsordnung 

2. Die Geschäftsführung bei den einzelnen Unternehmensformen für Unternehmen
2.1 Die Geschäftsführung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
     2.1.1 Gesellschafter
     2.1.2 Geschäftsführungsbefugnis einzelner Gesellschafter
     2.1.3 Geschäftsführungsordnung 
2.2 Die Geschäftsführung bei der GmbH
     2.2.1 Geschäftsführer
     2.2.2 Gesellschafter
     2.2.3 Aufsichtsrat
2.3 Die Geschäftsführung bei der GmbH & Co. KG
     2.3.1 Geschäftsführung
     2.3.2 Gesellschafterversammlung
2.4 Die Geschäftsführung bei der stillen Gesellschaft
     2.4.1 Geschäftsführung
     2.4.2 Kontrollrechte des Stillen
     2.4.3 Atypisch stille Gesellschaft 
2.5 Die Geschäftsführung bei der Aktiengesellschaft
     2.5.1 Vorstand
     2.5.2 Aufsichtsrat
     2.5.3 Hauptversammlung 
2.6 Die Geschäftsführung im Konzern
     2.6.1 Grundsatz
     2.6.2 Beherrschender Einfluss
2.7 Die Geschäftsführung beim Verein und Verband

3. Regelungsbereiche einer Geschäftsordnung
3.1 Pflichten und Verantwortung bei der Führung der Geschäfte
     3.1.1 Geschäftsführung und Vertretung
     3.1.2 Sorgfaltsmaßstab
     3.1.3 Treuepflicht
     3.1.4 Weisungen der Gesellschafter
     3.1.5 Faktischer Geschäftsführer
     3.1.6 Organisatorische Verpflichtungen
     3.1.7 Risk-Management
     3.1.8 Risk-Management
     3.1.8 Schutz des Gesellschaftskapitals
     3.1.9 Rechnungslegungsvorschriften
     3.1.10 Die Führung der Geschäfte eines konzernabhängigen Unternehmens 
     3.1.11 Der qualifizierte faktische Konzern
     3.1.12 Information über den Verlust des halben Kapitals 
     3.1.13 Pflichten zur Stellung eines Insolvenzantrags 
     3.1.14 Entlastung
3.2 Zusammenarbeit zwischen mehreren Geschäftsführern
3.3 Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsorgan
3.4 Zusammenarbeit mit dem Inhaber des Unternehmens

4. Führung durch Budgetierung
4.1 Die Arten von Budgets
     4.1.1 Absolut starres Budget
     4.1.2 Relativ starres Budget
     4.1.3 Flexibles Budget 
     4.1.4 Unterbudgets 
4.2 Budgetierungsprinzipien

TEIL II – MUSTERTEIL

5. Geschäftsführung und Vertretung auf der Grundlage eines Katalogs zustimmungsbedürftiger Geschäfte
5.1 Regelungen im Gesellschaftsvertrag
5.2 Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte 
     5.2.1 Muster
     5.2.2 Automatisierung der Geschäftsabläufe und Risikominimierung

6. Geschäftsordnung für die Geschäftsführung einer GmbH (einfache Fassung) 

7. Geschäftsordnung für die Geschäftsführung mit Überwachung durch den Ausschuss der Gesellschafter (erweiterte Fassung) 

8. Stellenbeschreibung für die Geschäftsbereiche 

9. Führung und Koordination einer Konzerngruppe 

10. Geschäftsordnung für den Vorstand einer AG 

11. Einbindung von Strategien und Prozessen

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Geschäftsordnung für die Geschäftsführung

Teil I 
Grundlagen der Organisation in der Unternehmensführung

 1.   Einführung

1.1     Die Geschäftsordnung als wesentliches Leitungsinstrument

Die Anforderungen an eine erfolgreiche Unternehmensführung sind sehr komplex. Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung setzt nicht nur die notwendigen Fachkompetenzen für die zu leistenden Aufgaben voraus, sie muss vor allem auch geschickt sein in der Koordinierung einer Vielzahl von Faktoren und Strategien. Deshalb sind schnell Fehler bei der Unternehmensführung gemacht, die das Fortkommen des Unternehmens bis hin zu seiner Insolvenz beeinträchtigen können.

Insbesondere bei mittleren und größeren Unternehmen erfolgt die Unternehmensführung durch eine Vielzahl von Führungspersonen. Diese arbeiten im Team zusammen und übernehmen verschiedene Schwerpunkte. Die eine Führungskraft ist z.B. zuständig für die Produktion, die andere für Verkauf und Marketing und wiederum eine andere für den Bereich Finance und Controlling. Die Konzentrierung auf diese Fachkompetenzen bedeutet aber nicht, dass die Führungspersonen allein für diese Bereiche zuständig sind. Sie müssen stets bei ihrer Tätigkeit das Ganze, also die übergreifenden unternehmerischen Belange und Ziele berücksichtigen und ständig prüfen ob und inwieweit sich ihre konkrete Tätigkeit im Aufgabengebiet in die übergreifenden unternehmerischen Belange einfügen. Deshalb bezweckt die Geschäftsordnung auch die Koordination der Leitungspersonen, damit diese fokussiert auf die Erreichung der Unternehmensziele optimal zusammenwirken.

Merke:

Die Geschäftsordnung bezweckt die Minimierung von Risiken, indem wichtige unternehmerische Maßnahmen oder Entscheidungen, die für die Unternehmensentwicklung besondere Risiken enthalten können, entweder durch die Leitungspersonen gemeinsam oder durch eine höhere Instanz getroffen werden.

Die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ist daher ein wesentliches Leitungsinstrument für eine erfolgreiche Unternehmensführung.

1.1.1   Zusammenspiel der Gesellschafter, Geschäftsleiter und des Aufsichtsorgans

Meist ist das Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft organisiert. Für die eigentliche Leitung des Unternehmens sind in diesem Falle nicht nur die Geschäftsführer und Vorstände zuständig. Sie sind eingebettet in ein System, das sowohl den Gesellschaftern als auch Aufsichtsorganen Rechte verleiht, um die Leitung des Unternehmens einerseits in die gewollte Richtung zu steuern und andererseits durch eine entsprechende Aufsicht eine höhere Sicherheit für den Bestand und den Erfolg des Unternehmens zu erreichen. Die Weisungs- und Aufsichtsrechte hängen davon ab, in welcher Rechtsform diese Gesellschaft betrieben wird. Hierzu wird näher unter Ziffer 2 ausgeführt.

Die grundsätzliche Ausrichtung des Unternehmens auf seine Ziele und seine Unternehmenspolitik erfolgt bei der GmbH in der Regel durch die Gesellschafter, die den Geschäftsführern diese grundsätzlichen Entscheidungen weiterreichen mit dem Auftrag, diese Entscheidungen im täglichen Geschäft zu verwirklichen. Bei der AG übernimmt diese Funktion der Aufsichtsrat in Koordination mit dem Vorstand, sofern nicht auch hier eine starke Aktionärsgruppe die Richtung vorgibt.

Ein unmittelbarer Transfer der Ziele der Gesellschafter in die Unternehmensführung findet dann statt, wenn der wesentliche Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer oder Vorstand ist. Ist eine solche Personalunion aber nicht gegeben, muss insbesondere durch eine Geschäftsordnung sichergestellt werden, dass die Ziele der Gesellschafter mit der Geschäftsführung harmonieren.

Eine wesentliche Regelungsgrundlage für das Zusammenspiel der einzelnen Unternehmensorgane, nämlich des Leitungsorgans, des Aufsichtsorgans und der Gesellschafterversammlung stellt eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung dar.

1.1.2   Entscheidungsfreiheit des Leitungsorgans versus Fehlervermeidung durch Zustimmungsrechte Dritter

Der Geschäftsführer muss einerseits die notwendigen Entscheidungsfreiheiten haben, um in jeder Lage der Unternehmensführung schnell und effizient reagieren und entscheiden zu können. Andererseits liegen in schnellen Entscheidungen auch Risiken, vor allem wenn sie übereilt und die Folgen nicht ausreichend durchdacht sind. Deshalb sind strukturelle Sicherheitsbarrieren im Unternehmen zu errichten, die es bewirken, dass gerade in den wesentlichen Entscheidungen eine multipolare Einbindung unterschiedlicher Betrachtungshorizonte erfolgt. Die Organisation der Unternehmensführung ist daher strukturell aufzuteilen in das System,

  • wie und nach welchen Grundsätzen Entscheidungen gefällt werden und
  • in welcher Weise die Ausführung solcher Entscheidungen im täglichen Geschäft erfolgen kann.

Im Rahmen der Geschäftsordnung wird daher in der Regel ein Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte aufgestellt. Solche Geschäfte darf die Geschäftsleitung dann nur mit Zustimmung der Gesellschafter oder des Aufsichtsorgans durchführen. Vielfach wird die Bestimmung, welche Geschäfte zustimmungspflichtig sind und welche die Geschäftsleitung selbständig entscheiden kann, in einem jährlichen Unternehmensplan mit Budget-Bildung getroffen.

Entsprechend unterschiedlich ist daher auch die Zeitdauer für die Entscheidung der jeweils durchzuführenden Maßnahmen. Während die Systemregeln in einem längerfristigen Entscheidungsprozess aufgestellt, ergänzt und geändert werden, müssen die Entscheidungen im täglichen Geschäft schnell gefasst und umgesetzt werden.

Die Abstimmung dieser beiden polaren Ziele erfolgt insbesondere durch die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung. Deshalb handelt es sich bei der Geschäftsordnung um ein zentrales Leitungsinstrument, das die Grundlagen der Ziele und Unternehmenspolitik und der Unternehmensphilosophie erfasst.

1.1.3   Kompetenzabgrenzung mehrerer Geschäftsleiter

Je größer das Unternehmen ist und je mehr Geschäftsleiter das Unternehmen hat, desto strukturierter muss die Zusammenarbeit der Leitungspersonen sein, um Kompetenzüberschreitungen zu vermeiden, insbesondere aber, um der Geschäftsleitung die Sicherheit zu geben, welche Kompetenzen sie wann ausüben darf.

Vor allem ist auch der Kommunikationsfluss zwischen diesen für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen zu strukturieren und zu regeln, um Fehlentscheidungen durch Missverständnisse oder Informationslücken zu vermeiden.

In der Geschäftsordnung werden daher auch die Geschäftsverteilung innerhalb des Leitungsorgans vorgenommen und die jeweiligen Stellen beschrieben. Ferner enthält die Geschäftsordnung Regelungen über Art und Weise der Kommunikation zwischen den einzelnen Unternehmensleitern.

1.2     Unterschiedliche gesetzliche Modelle der Unternehmensführung

Je nachdem, in welcher Rechtsform das Unternehmen betrieben wird, gibt es gesetzliche Bestimmungen, die die Macht der Unternehmensführung begrenzen. Insbesondere bei den Kapitalgesellschaften gibt es je nach Rechtsform unterschiedliche Systeme zur Machtbegrenzung. Bei der GmbH entscheiden die Gesellschafter darüber, wer und in welcher Art und Weise die Geschicke des Unternehmens zu leiten hat. Bei der AG wird der Vorstand vom Aufsichtsrat überwacht.

Allen Körperschaften ist gemeinsam, dass die Unternehmensführung von mehreren Organen beherrscht wird, die zum Wohle des Unternehmens zusammenarbeiten. Am stärksten ausgeprägt ist dies bei der AG. Die Aktionäre haben wenig Einflussmöglichkeiten und können sich nur auf der Hauptversammlung informieren und im Rahmen der gesetzlichen Kompetenzverteilung Beschlüsse fassen. Dafür bestimmen sie den Aufsichtsrat, der über eine erhebliche gesetzliche Machtfülle verfügt. Die Unternehmensführung erfolgt eigenverantwortlich durch den Vorstand, der damit kaum abhängig von den Aktionären ist.

Die gesetzlichen Bestimmungen für die Geschäftsführung in den jeweiligen Rechtsformen des Unternehmens regeln nur die Grundstrukturen. Es handelt sich dabei lediglich um die Rahmenbedingungen und vielfach nur um die Mindeststandards. Im Einzelnen sind diese Rahmenbedingungen durch die Organe des Unternehmens selbst mit Leben zu erfüllen. Hierbei spielt die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung eine bedeutende Rolle. Sie legt fest, wie das Zusammenspiel der Geschäftsführung untereinander und mit den anderen Organen des Unternehmens ist. Die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung trägt damit ganz wesentlich dazu bei, ob und in welchem Maße das Unternehmen seine visionären Ziele erreichen wird. Mit der Geschäftsordnung werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgefüllt und die Art und Weise der Geschäftsführungstätigkeit individuell auf das Unternehmen festgelegt.

1.3     Kompetenz zum Erlass einer Geschäftsordnung

Bei der GmbH oder einer Personengesellschaft kann, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorschreibt, die Geschäftsordnung von den Geschäftsführern selbst oder von einem anderen Organ, z.B. den Gesellschaftern oder einem bestehenden Aufsichtsrat, beschlossen werden.

Bei der AG bestimmt die Zuständigkeit zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand § 77 Abs. 2 AktG. Nach Satz 1 dieser Bestimmung kann sich der Vorstand eine Geschäftsordnung geben, wenn nicht die Satzung den Erlass der Geschäftsordnung dem Aufsichtsrat übertragen hat oder der Aufsichtsrat eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlässt. Nach § 77 Abs. 2 Satz 2 AktG kann die Satzung Einzelfragen der Geschäftsordnung bindend regeln. Vorrangig ist also die Regelungskompetenz des Aufsichtsrats, soweit nicht die Satzung materielle Geschäftsordnungsregelungen enthält. Zur Kompetenz des Aufsichtsrats gehört auch, Geschäftsordnungen, die der Vorstand beschlossen hat, aufzuheben oder abzuändern.  

2.   Die Geschäftsführung bei den einzelnen Rechtsformen für Unternehmen

 Ein wichtiges Kriterium für den Inhaber eines Unternehmens ist, Art und Weise und Umfang der Geschäftsführungskompetenz bestimmen zu können. Die Kompetenzen der Inhaber eines Unternehmens im Hinblick auf die Geschäftsführung hängen insbesondere von der Rechtsform ab, mit der das Unternehmen geführt wird.

Ist der Unternehmer als Einzelunternehmer selbst Inhaber des Unternehmens, kann er einen Geschäftsführer mit Prokura, Handlungsvollmacht oder einer einfachen rechtsgeschäftlichen Vollmacht ausstatten. Er entscheidet stets alleine, ob und in welchem Umfange er die Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenzen vergibt und wieder nimmt. Die Regelungen im einzelnen erfolgen etwa durch tägliche Anweisungen oder durch eine typisierte Geschäftsführungsordnung.

Wird das Unternehmen als Gesellschaft betrieben, so müssen darüber hinaus die einzelnen Zuständigkeiten und Strukturen nach dem jeweiligen Gesellschaftsrecht beachtet werden. Um so mehr besteht in diesem Falle Bedarf an einer strukturierten Niederlegung der Regelungen über Art und Weise der Geschäftsführung im Rahmen einer Geschäftsordnung.

Die Geschäftsführungskompetenzen sind bei den einzelnen Gesellschaftsformen gesetzlich wie folgt geregelt:

 2.1     Die Geschäftsführung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

2.1.1   Gesellschafter

Nach § 709 BGB steht die Führung der Geschäfte der Gesellschaft den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Grundlage der Geschäftsführung ist damit die Gesellschafterstellung und nicht etwa ein Anstellungsvertrag. Die Geschäftsführung ist Teil der Pflicht der Gesellschafter, die Gesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu fördern und die Beiträge hierzu zu erbringen.

2.1.2   Geschäftsführungsbefugnis einzelner Gesellschafter

Das Prinzip der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis mit seinem Einstimmigkeitserfordernis ist für den einzelnen Gesellschafter, der für alle abgeschlossenen Geschäfte persönlich voll haftet, vorteilhaft. Er kann stets kontrollieren, ob er das Haftungsrisiko eingehen will oder nicht. Damit ist aber die Führung der BGB-Gesellschaft schwerfällig und in der Regel kaum durchführbar. Deshalb kann gemäß § 710 BGB in dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen werden. In einem solchen Falle sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Sie dürfen nicht selbst in Angelegenheiten der Gesellschaft tätig werden. Auch haben sie kein Widerspruchsrecht gegen Maßnahmen eines Geschäftsführers. Ein Widerspruchsrecht haben nach § 711 BGB nur Mitgeschäftsführer.

Werden mindestens zwei geschäftsführende Gesellschafter bestimmt, können diese Einzelvertretungs- oder Gesamtvertretungsberechtigung haben.

2.1.3   Geschäftsführungsordnung

Wird einzelnen Gesellschaftern eine Geschäftsführungsbefugnis nebst den entsprechenden Vollmachten eingeräumt, sollten die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter genau geregelt werden.  Dies kann direkt im Gesellschaftsvertrag erfolgen. Besser ist es aber, in den Gesellschaftsvertrag eine Regelung aufzunehmen, dass die Gesellschafter einstimmig oder mit einer bestimmten Mehrheit einen oder mehrere Gesellschafter zur Befugnis der Geschäftsführung ermächtigen und dabei regeln können, welche Rechte und Pflichten die geschäftsführenden Gesellschafter haben.

Im Rahmen der Bestellung der Geschäftsführer bietet es sich an, einen detaillierten Katalog der Rechte und Pflichten der Geschäftsführer zu beschließen, der mit einer reduzierten Mehrheit wieder geändert und damit den Erfordernissen des täglichen Geschäftes und der Entwicklung der Gesellschaft angepasst werden kann.

2.2     Die Geschäftsführung bei der GmbH

2.2.1   Geschäftsführer

Die Geschäftsführer der GmbH sind die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Diese brauchen nicht mit den Gesellschaftern identisch zu sein. Die Bestellung der Geschäftsführer kann im Gesellschaftsvertrag oder, was die Regel ist, durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen. Ist bei der GmbH ein Aufsichtsrat bestellt, können die Geschäftsführer auch durch diesen bestellt werden.

Die Bestellung des Geschäftsführers als Organ der GmbH ist von dem Abschluss eines Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer zu unterscheiden. Mit der Bestellung des Geschäftsführers als Organ erhält dieser die Rechte und Pflichten nach den gesetzlichen Vorschriften. Im Anstellungsvertrag sind alle weiteren Regelungen enthalten, wie z.B. die Vergütung der Geschäftsführungstätigkeit.

Die Vertretungsmacht des Geschäftsführers ist unbeschränkbar. Sie umfasst sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen für und gegen die Gesellschaft. Im Innenverhältnis können dem Geschäftsführer jedoch Beschränkungen auferlegt werden. Schließt er ein Geschäft unter Verstoß gegen diese Regeln ab, so ist dieses gleichwohl wirksam. Der Geschäftsführer ist dann aber für alle Nachteile aus dem Geschäft der Gesellschaft gegenüber haftbar, falls das Geschäft bei rechtzeitiger Information der Gesellschafter unterblieben wäre.

2.2.2   Gesellschafter

Oberstes Willensorgan der GmbH ist die Gesamtheit der Gesellschafter. Sie fasst ihre Beschlüsse in der Regel in Versammlungen. Insbesondere bestimmen die Gesellschafter die Geschäftsbereiche der Geschäftsführer.

Nach § 46 GmbHG unterliegen der Bestimmung der Gesellschafter u.a.

  • die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses,
  • die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben,
  • die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung,
  • die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb, die
  • Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer zustehen, sowie
  • die Vertretung der Gesellschafter in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

2.2.3   Aufsichtsrat

Die GmbH verfügt in der Regel über keinen Aufsichtsrat. Er kann jedoch aufgrund freiwilliger Entscheidung der Gesellschafter bestimmt werden. Nur im Rahmen von Mitbestimmungsgesetzen ist bei GmbHs ab 500 Arbeitnehmern die Bestellung eines Aufsichtsrats zwingend vorgeschrieben (§ 1 Abs. 1 Ziffer 3 Drittelbeteiligungsgesetz bei mehr als 500 bis 2000 Arbeitnehmern; § 1 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetzbei mehr als 2000 Arbeitnehmern).

Ist ein Aufsichtsrat freiwillig gebildet, sind im Wesentlichen die Vorschriften des Aktienrechts anwendbar, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist (§ 52 Abs. 1 GmbHG).

2.3     Die Geschäftsführung bei der GmbH & Co. KG

2.3.1   Geschäftsführung

Nach § 164 HGB liegt die Geschäftsführung grundsätzlich bei den Komplementären, also den persönlich haftenden Gesellschaftern. Bei den GmbH & Co. KG existiert in der Regel nur eine Komplementärin, nämlich eine GmbH, die mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft haftet. Die GmbH führt daher die Geschäfte der KG. Da die GmbH durch ihre Geschäftsführer vertreten wird, vertreten die Geschäftsführer der GmbH damit letztlich auch die Geschäfte der KG.

Die Kommanditisten sind nach dem gesetzlichen Modell von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Sie können jedoch Geschäften widersprechen, die über den gewöhnlichen Betrieb der KG hinausgehen (§ 164 Satz 1 HGB).

Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG kann für die Geschäftsführung detaillierte Regelungen aufstellen. Üblich ist, dass der Gesellschaftsvertrag die Bestimmung der Geschäftsführungsbefugnisse im Einzelnen den Gesellschaftern vorbehält. Die Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft beschließt hiernach über die Rechte und Pflichten der Geschäftsführung durch die Komplementär-GmbH und über Mitwirkungs- und Kontrollbefugnisse der Kommanditisten.

2.3.2   Gesellschafterversammlung

Das Recht der Kommanditgesellschaft und damit auch das Recht der GmbH & Co. KG ist sehr flexibel. Im Wesentlichen können die Gesellschafter im Gesellschaftervertrag die Grundlagen der Geschäftsführung selbst bestimmen.

2.4     Die Geschäftsführung bei der stillen Gesellschaft

2.4.1   Geschäftsführung

Die stille Gesellschaft ist eine nach außen nicht sichtbare Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen durch Leistung einer Einlage. Rechtsgrundlagen der stillen Gesellschaft sind die §§ 230 – 237 HGB, teilweise mit Verweisungen auf die Vorschriften zur OHG und zur  BGB-Gesellschaft. Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft ohne gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen; die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Unternehmens über (§ 230 Abs. 1 HGB). Die Geschäftsführung liegt allein beim Geschäftsinhaber. Dieser tritt weiterhin nach außen im eigenen Namen auf, weswegen die Gesellschaft „still“ ist.

2.4.2   Kontrollrechte des Stillen

Der Stille verfügt lediglich über Kontrollrechte. Nach § 233 HGB ist der stille Gesellschafter insbesondere berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.

2.4.3   Atypisch stille Gesellschaft

Man unterscheidet die so genannte typisch stille Gesellschaft, die der Stellung eines Darlehensgebers nahe kommt, und die atypisch stille Gesellschaft, die inhaltlich einer Kommanditbeteiligung entspricht. Gegenüber der KG hat die atypisch stille Gesellschaft für den stillen Gesellschafter den Vorteil der einfacheren Gründung und der Anonymität der Beteiligung, weil sie nicht in das Handelsregister einzutragen ist.

2.5     Die Geschäftsführung bei der Aktiengesellschaft

2.5.1   Vorstand

Zum Aufgabenbereich des Vorstands gehört die eigenverantwortliche Leitung des Unternehmens, also die Geschäftsführung und Vertretung. Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten (§ 76 Abs. 1 AktG). Bestellt wird der Vorstand durch den Aufsichtsrat auf maximal fünf Jahre (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG). Eine Wiederwahl ist zulässig (§ 84 Abs. 1 Satz 2 AktG). Mit der Gesellschaft schließt der Vorstand einen Anstellungsvertrag, in dem seine Tätigkeit und die Vergütung im einzelnen geregelt wird. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als drei Mio Euro hat der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen (§ 76 Abs. 2 Satz 2 AktG).

Der Vorstand kann nur aus wichtigem Grunde aus dem Amt entlassen werden (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG). Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat damit unter allen Gesellschaftsformen die stärkste Stellung als Geschäftsführungsorgan. Die Gesellschafter dagegen, also die Aktionäre, haben die schwächste Stellung.

Der Vorstand kann sich eine Geschäftsordnung geben, wenn nicht die Satzung den Erlass der Geschäftsordnung dem Aufsichtsrat übertragen hat oder der Aufsichtsrat eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlässt (§ 77 Abs. 2 Satz 2 AktG).

2.5.2   Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe der Überwachung des Vorstandes (§ 111 Abs. 1 AktG). Hierzu gehört auch die Beratungspflicht. Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden (§ 111 Abs. 4 Satz 1).

Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Mitgliedern (§ 95 Abs. 1 AktG). Er hat weitgehende Einsichts- und Prüfungsrechte (§ 111 Abs. 2 AktG). Der Aufsichtsrat prüft den Jahresabschluss, den Gewinnverteilungsvorschlag und den Lagebericht (§ 172 AktG).

Nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG hat die Satzung oder der Aufsichtsrat zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Notwendig ist also die Aufstellung eines Mindestkatalogs zustimmungspflichtiger Geschäfte, in welchen alle Maßnahmen aufzunehmen sind, die grundlegende Bedeutung für die Vermögens-, Finanz– und Ertragslage des Unternehmens haben. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt (§ 111 Abs. 4 Satz 3 AktG).

Der Aufsichtsrat vertritt die Aktiengesellschaft gegenüber dem Vorstand und seinen Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG). Er erstattet der Hauptversammlung Bericht.

Der Jahresabschluss wird grundsätzlich durch den Aufsichtsrat festgestellt. Soweit die Satzung es bestimmt oder der Aufsichtsrat es verlangt, hat der Vorstand vom Aufsichtsrat die Zustimmung zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen einzuholen (§ 111 Abs 4 Satz 2 AktG). Ferner hat er der Kreditgewährung an Vorstands– und Aufsichtsratsmitglieder zuzustimmen (§§ 89 Abs. 1 Satz 1, 115 Abs. 1 AktG).

2.5.3   Hauptversammlung

Zu den Aufgaben der Hauptversammlung gehören u.a.

  • die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder,
  • die Verwendung des Bilanzgewinns,
  • die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat,
  • die Bestellung der Abschlussprüfer und
  • die Zustimmung zum Abschluss von Unternehmensverträgen

Die Hauptversammlung ist die Versammlung der Aktionäre der Gesellschaft. Das Stimmrecht bemisst sich nach den Nennbeträgen der Aktien.

2.6     Die Geschäftsführung im Konzern

2.6.1   Grundsatz

Grundlage des Gesellschaftsrechts ist die rechtliche und wirtschaftlich selbständige Gesellschaft als Unternehmensträger. Diesem Leitbild widerspricht jedoch die gesellschaftsrechtliche Wirklichkeit. Überwiegend sind die Geschäfte konzernverbunden, stellen also einen Teil einer Unternehmensgruppe dar.

2.6.2   Beherrschender Einfluss